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Reisebericht Mag. Johann Bruckner

Reisebericht Mag. Johann Bruckner

zur Fotogalerie [ Nigeriareise August 2006 ]

Das Zeichen der Colanuss: Ihr seid willkommen

Im August 2006 war es so weit: Ich konnte nach Nigeria reisen. Meist wähle ich ein Reiseziel sehr sorgfältig aus, diesmal war es mehr als eine Auswahl, es war ein langes Suchen und ein langes Finden und ein langes Gefundenwerden.

Bereits 1975 lernte ich an der Universität Salzburg einen Kollegen aus Nigeria kennen, der hier sein Doktoratstudium in Theologie absolvierte. Er war Ibo und kam aus Onitsha. Sein Vater war Medizinmann. Er hat über ihn, seine Lebenswelt und sein Tun als Medizinmann immer mit großem Respekt und mit großer Achtung gesprochen wie wohl sein Weg der des Christentums war. Er war katholischer Priester. Das war für mich ein erster oder doch sehr wichtiger Meilenstein in der Begegnung der Kulturen und Religionen, die immer von Mensch zu Mensch gelebt wird. Der Biafrakrieg lag damals noch nicht lange zurück. Dr. Emmanuel Ifesieh organisierte Hilfsprojekte für seine Heimat und Schulpatenschaften für Waisenkinder. Ich habe ihn dabei über mehrere Jahre tatkräftig unterstützt.

Die nächste Begegnung war dann viele Jahre später mit Emeka. Ich habe ihn (mehr aus der Entfernung) gekannt, ich habe seine kulturverbindende Arbeit sehr schätzen gelernt und daher der Pfarrgemeinde vorgeschlagen, Emeka zum Fest unserer Kirchenpatronin St. Gertrud einzuladen, zum Vortrag am Vorabend und zum Festgottesdienst. Zum Gertrudisfest suchen wir immer nach Anregungen und Impulsen. Emeka hat mit seiner gewinnenden Art einen Vortrag gehalten, an diesem Abend habe ich mich für die Reise angemeldet. Den Gottesdienst am Sonntag konnte er nicht mehr mit uns feiern, es freut mich aber, dass ich an seiner Stelle zur Predigt sprechen durfte.

Es war genug Zeit, sich auf diese Reise einzustellen. Ganz unerwartet erhielt ich von einem Absolventen der Theologischen Hochschule einen Anruf und wurde von ihm gefragt, ob er bei mir sein Unterrichtspraktikum absolvieren könne und ich bereit sei, sein einführender Lehrer zu sein. Dieser junge Mann ist aus Nigeria, ebenfalls ein Ibo, er stammt ganz aus der Gegend von Emeka und war auch im kleinen Seminar von Okigwe, das wir besucht haben. So hatte auch ich eine Begleitung und Einführung, für meine Reise nach Nigeria. Manchmal laufen viele Fäden zusammen, diesmal war es so, wie selten zuvor in meinem Leben. Mit Freude und mit unbestimmter Erwartung habe ich mich auf den Weg gemacht.

Die Größe unserer Gruppe war für diese Reise sehr angenehm. Eine Sightseeing – Tour, wie es viele Gruppenreisen sind, wäre völlig unpassend, ebenso könnte ich mir auch nicht vorstellen, in diesem Land alleine zu reisen.

Aus der Fülle von Eindrücken, die andere viel besser beschreiben können und die oft vielfach auf Fotos festgehalten sind, greife ich einige Mosaiksteinchen heraus und gebe auch die Fragen wider, die sich mir stellen.

Die katholische Kirche habe ich sehr vital und begeisternd erlebt. Daneben gibt es offensichtlich sehr viele kleine Gruppen, aus deren Kirchen und Gebetsräumen zu schließen. Welche Entwicklung nehmen diese Gruppen? Wie stehen sie zur katholischen Kirche? Ist das Zusammenleben mit diesen Gruppen ein ökumenisches Miteinander, ein Nebeneinander oder gar ein Gegeneinander?

„Die Frauen sind die Säulen der afrikanischen Gesellschaft“ kann man immer wieder hören. Diese sehr pauschale Aussage fand ich eindrucksvoll bestätigt. Das Bild von der Säule sagt, dass sie eine tragende Rolle im positiven Sinn haben, es sagt aber auch, dass sie so manche Lasten zu tragen haben, und ich frage, ob ihre tatsächliche Bedeutung in der Rechtsordnung (traditionelles Recht und englisches Recht) auch entsprechend gewürdigt ist (mir ist bewusst, dass diese Frage nicht speziell an Nigeria zu richten ist aber auch).

Ich habe auf der Reise das Buch „Flammen der Hölle“ von Ken Saro-Wiwa gelesen. Nigeria und Schell: Der schmutzige Krieg gegen die Ogoni. Wir waren ganz in der Nähe dieses Schauplatzes und trotzdem war das Nigerdelta scheinbar weit weg. Am Ende der Reise und vor allem hinterher, als wir schon zu Hause waren, nahmen wir auch diese Schwierigkeiten wahr.

Wie können die Güter dieses Landes in diesem Land gerecht verteilt werden und wie können die Güter dieser Erde weltweit solidarisch verteilt werden? Diese Frage, die zwar unangenehm ist, aber überall gestellt werden muss, nehme ich gerne mit, auch als immer neue Anfrage an meine Ziele im Leben.

Die zahlreichen Projekte, die wir sehen konnten, auch wenn sie im Umfang klein erscheinen, haben eine große Bedeutung. Sie verbessern eine ganz konkrete Situation, sie sind eingeordnet in die Gemeinschaft und sie geben Hoffnung. „Viele kleine Leute, die an vielen kleinen Orten viele kleine Dinge tun, können das Gesicht der Welt verändern.“ „Aus Afrika“, steht darunter. Ich wünschte, es gäbe diese Spruchkarte in verschiedenen Ausgaben und es könnte immer ein anderer Kontinent darunter genannt sein.

Eine Patenschaft, die einem einzelnen Kind einen Schulbesuch ermöglicht, mag ein Tropfen auf den heißen Stein sein. „Wer ein Menschenleben rettet, rettet die ganze Menschheit“ sagt eine chassidische Weisheit. So glaube ich, dass diese Patenschaften ganz wichtige Zeichen sind, für beide Seiten und den materiellen Wert bei weitem übersteigen, auf beiden Seiten.

Ich wünsche mir, dass bei uns vereinzelte Menschenrechtsverletzungen und Übergriffe gegenüber Schwarzafrikanern als Übergriffe wahrgenommen und geahndet werden. Dieses Bekenntnis braucht manchmal schon Courage. Ich wünsche mir aber auch, dass Reisende Menschenrechtsverletzungen im jeweiligen Land wahrnehmen und nicht davor die Augen verschließen.

Die Anwesenheit von Emeka in Österreich und seine vielfältigen Aktivitäten helfen mit, ein partnerschaftliches Miteinander aufzubauen. „Das beginnt mit dem Respekt, der Wertschätzung eines fremden Menschen, einer fremden Kultur, einer anderen Religion“ schreibt Emeka im Informationsblatt Kinderpatenschaft. Unsere Reise, so denke ich ist dazu ein wichtiger Beitrag und für jede und jeden von uns ein unauslöschlicher Anstoß.

Diese Reisen sind nur möglich, weil die gesamte Familie Emeakaroha dahinter steht und diese Begegnungen mitträgt. Ihr gebührt neben Emeka und neben der Gruppe, die die Reise so angenehm gemacht hat, mein besonderer Dank. Dass meine Familie diese Reise mitgetragen hat ist auch nicht selbstverständlich und freut mich besonders.

Mag. Johann Bruckner (Oberradlberg)

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